Montag, 14. November 2016
Hl. Ignatius: „Gott in allen Dingen suchen und finden“
Gott – der Schöpfer der Welt. Ein unfassbares Geheimnis. Für viele ist er der Grund für Glaube und Hoffnung, für viele auch Anlass für Zweifel und Fragen. Im Zusammenhang mit der Themenwoche „Mein Gott“ des katholischen Medienverbandes hat sich der Redakteur der Kirchenzeitung „der Pilger“, Hubert Mathes, mit dem Jesuiten Johann Spermann unterhalten. „Gott in allen Dingen suchen und finden“, das ist ein Grundelement der Spiritualität des heiligen Ignatius von Loyola und in dem von ihm gegründeten Jesuitenorden.
Gott in allen Dingen suchen und finden – was glauben Sie, Pater Spermann, welche Erfahrung des heiligen Ignatius liegt diesem Grundsatz zugrunde?
Ignatius war wie Luther auf der Suche nach der Antwort, wie er Gott gnädig stimmen kann. Seine erste Idee als ehemaliger Militär: Alle großen, bisherigen Heiligen übertreffen: Fasten, Beten, ... alles im Übermaß. Er fiel als Hochleistungsasket ziemlich auf die Nase. Das Projekt scheiterte. Dann saß er am Fluss Cardoner und hatte eine tiefe Intuition. Eine Erfahrung, die ihm visionär verdeutlicht, wie alles in der Liebe Gottes miteinander verbunden ist. Alles innerlich nur so überströmt von der Anwesenheit Gottes. Was er sieht, beschreibt die Übung „Zur Erlangung der Liebe“ im Exerzitienbuch.
Welche Voraussetzungen sehen Sie für eine solche Grundhaltung?
Zum einen die Übung als ein Grundelement Ignatianischer Spiritualität in der täglichen Reflexion, sowohl als Einzelner und als Gemeinschaft. Und theologisch: Gott hat Interesse an jedem von uns und „spricht“ zu uns. Aber nicht wie bei Don Camillo, sondern in den inneren Regungen. Man lernt innerlich wahrzunehmen, wie die Stimme Gottes in einem klingt, schmeckt, sich anfühlt,... und man muss lernen, diese Stimme Gottes von der Stimme des eigenen Egos und anderer Stimmen, die an und in einem zerren, zu unterscheiden. Da kommen Bauch und Kopf zusammen ins Spiel. Wir nennen das die „Unterscheidung der Geister“.
Gott in allen Dingen suchen und finden – das heißt, im Alltag, zu jeder Zeit, in jeder Situation. Ein hoher Anspruch! Gelingt das, fällt Ihnen persönlich dies eher leicht oder ist es schwer?
Da kann ich doch jetzt nur Ja sagen! Also ganz ehrlich, wenn ich mir nicht die Zeit für Reflexion nehme (das heißt Tagesreflexion, Exerzitienzeiten, Nachdenken über die eigenen Ideale und die des Ordens) und für Gebet, dann geht das im Stress unter. Aber es ist wunderschön, wenn ich dann wieder zurückkomme und in diese Grundhaltung eintauche. Das ist einfach eine sehr positive und Sinn schenkende innere Signatur.
Verändert eine solche spirituelle Haltung die Sichtweise auf Menschen, auf Dinge und auf Situationen?
Ein moderner Schriftsteller beschreibt als spirituellen Auftrag des Lebens: Lass die Liebe in dich rein (was für viele Menschen schwerer geht, als der folgende Teil) und schenk’ Liebe. Beides gilt es zu üben.
Das verändert aber auch. Glaube ich. Und doch ist das auch immer Übung. Wenn Gott nicht nur mich, sondern auch die anderen und die ganze Schöpfung liebt, wie verhalte ich mich dann? Konkret? Bitte nicht lachen: Billig-Milch kaufen geht dann nicht. Einsatz für Glaube und Gerechtigkeit ist darum auch der Grundslogan unseres Ordens. Und wenn er auch noch in und zu den anderen spricht, wenn sie eine ganz andere Meinung als ich vertreten? Also Wertschätzung, Kommunikation, Klarheit, auch Lust zur Diskussion, Maß halten – das dürfen keine leeren Floskeln bleiben.
Und verändert sich dadurch auch die Gottesbeziehung?
Es gibt eine Grundübung von Theresia von Avila: Stell’ Dir vor, dass Jesus zu dir in den Raum kommt und dich liebevoll und demütig (wir würden sagen: nicht wertend) ansieht.
Bleib in diesem liebevollen Blick. Dieses Üben ist die Voraussetzung für alles Ignatianische: Gott ist da, jetzt, ganz konkret und er ist es liebevoll. Also ich glaube, das ist ziemlich lebensprägend. Ich fühle mich unglaublich gehalten.
