Mittwoch, 12. August 2015

„Flüchtlinge wollen arbeiten und ihren Tag strukturieren“

Vor wenigen Wochen ist das Café Welcome  von der evangelischen Comeniuskirche ins Pfarrzentrum Adolph Kolping gezogen. Ein Besuch zeigt, dass es sehr gut angenommen wird: Der Raum ist schon zu Beginn gut gefüllt – „an manchen Tagen ist hier alles voll“, erzählt Horst Stauder, Vorsitzender der Kolpingsfamilie Oggersheim.

Vorrangig sind es junge Männer, die das Café Welcome besuchen – schließlich sind im ehemaligen Bahnhof nur Männer untergebracht; nur vereinzelt haben auch Familien ein neues Zuhause in Wohnhäusern dezentral gefunden. Auch in das neue Containerdorf an der Mannheimer Straße, das ab September bezogen wird, werden Männer einziehen.

Für Angela Ernsting macht das keinen Unterschied: Die ehemalige Mitarbeiterin im Caritaszentrum ist eine der Ehrenamtlichen, die im Café Welcome mitarbeitet: „Alle sind sehr höflich, Vorbehalte gegen Frauen erlebt man nie“, betont sie. Diese Erfahrung machte sie auch schon, als sie beim Einzug der ersten Flüchtlinge im Bahnhof dabei war und ihnen ihre Hilfe anbot. Formulare, Rechnungen und Anträge, technische oder sonstige Mängel in den Unterkünften – das sind auf den ersten Blick die Anliegen, mit denen die Flüchtlinge hierher kommen. Aber Horst Stauder und Angela Ernsting wissen, es gibt noch mehr: Sie wollen die Sprache lernen und nutzen alle Gelegenheiten zur Konversation, „und vor allem wollen sie arbeiten, ihren Tag strukturieren und etwas Sinnvolles mit ihrer Zeit anfangen“, sagt Stauder. Demnächst will das Caritaszentrum regelmäßig einen Berater entsenden, der hier rechtliche und soziale Fragen klären hilft, kündigt Zentrumsleiterin Birgit Andreas an.

Verwaltungsrat der Gemeinde Maria Himmelfahrt und der Heimausschuss des Pfarrheims mussten der Nutzung des Gebäudes für diesen Zweck zustimmen. Es war eine Formsache, ist Stauder erleichtert. Von Anfang an war er Mitglied im Arbeitskreis Flüchtlinge in Oggersheim. Dass sich die Kolpingsfamilie hier engagiert, versteht für ihn von selbst: „Wir sind ein christlicher Verband, und es ist unsere ureigenste Aufgabe, dass wir uns für Menschen in sozialen Nöten engagieren, Begegnungen und Weiterbildung fördern. Das waren auch die Anliegen von Kolping.“ Außerdem, fügt er hinzu, ist die Mithilfe im Café Welcome auch eine Aufgabe, die zeitlich überschaubar ist und daher auch leistbar. „Das ist für mich Kirche“, betont Stauder. Deshalb ist das Café Welcome auch ein ökumenisches Angebot: Mit dabei ist immer auch Pfarrerin Reinhild Burgdörfer, auf katholischer Seite wechseln sich Stauder und Gemeindereferent Bernhard Werner ab, hinzu kommen regelmäßig vier bis fünf Helfer, die für Getränke und kleine Snacks sorgen – die von der Firma Globus gespendet werden.

Die Flüchtlinge „verstecken“ sich nicht in ihren Unterkünften, sondern sind in Oggersheim präsent, freut sich Horst Stauder. Die Gemeindemitglieder sind eingeladen, unverbindlich im Café Welcome vorbeizuschauen und diese Menschen kennenzulernen, sagt er. Aber bisher wird diese Einladung nur sehr selten angenommen: „Da würde ich mir mehr Neugierde wünschen“, bedauert er. Vielleicht ändert sich das, wenn am 2.Oktober in der Schillerschule erstmals ein Willkommensfest gefeiert wird.

Info:
Das Café Welcome ist mittwochs von 16.30 bis 18 Uhr in der Gaststätte des Pfarrzentrums Adolph Kolping, Mannheimer Straße 19,  geöffnet. Wer mithelfen möchte, wendet sich an Pfarrerin Reinhild Burgdörfer, Tel. (06 21) 67 89 99, oder Gemeindereferent Bernhard Werner,
Tel. (06 21) 6 29 79 89.