Montag, 08. Januar 2018

Ökumenische Woche startet: In 50 Jahren niemals leise

Das Ohr am Puls der Zeit. Das hatten und haben die Macher der Ökumenischen Woche im Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim. „Kirche.Macht. Politik“ ist das Thema der 50. Veranstaltungsreihe dieser Art. Sie findet in diesem Jahr von Sonntag, 14.01.2018, bis Donnerstag, 18.01.2018, statt.

Tatsächlich – mit der Ökumenischen Woche haben die Kirchen stets auch politisch gehandelt und Zeichen gesetzt. Am Anfang steht die Bibel. Ende der 60er Jahre beschließen die Katholiken in der damaligen Pfarrei St. Josef, bei einem Bibelseminar der protestantischen Friedenskirchen-Gemeinde mitzuwirken. Bis zu 200 Teilnehmer kommen. In Rom war wenige Jahre zuvor das Zweite Vatikanische Konzil zu Ende gegangen. Es brachte eine Öffnung der katholischen Kirche, ein Aufeinanderzugehen in der Ökumene. Die Ludwigshafener haben die Nase vorn.

Die Männer der ersten Stunde, der Katholik Erich Ramstetter und der Protestant Friedhelm Borggrefe, beide später Stadtdekane, schätzen sich seit ihrer gemeinsamen Zeit Mitte der Fünfziger Jahre in Landstuhl. Schon dort gab es wechselseitige Veranstaltungen. „Ich hab’ den Katholiken erklärt, was bei uns ein Vikar ist. Er hat bei uns darüber gesprochen, wie das mit der Jungfrau Maria ist und wie man einen Rosenkranz betet.“ Nun treffen sie sich in Ludwigshafen wieder. „Die schönste Entdeckung war doch das gemeinsame Buch der Christen, die Bibel, ein politisches Buch“, sagt Dr. Friedhelm Borggrefe.

Nach den ersten gemeinsamen Bibelseminaren geht es politisch und mit aktuellem Bezug weiter. 1970 ist Brasilien Thema, weil damals aus diesem Land BASF-Mitarbeiter in Ludwigshafen angesiedelt werden. 1971 stehen „Gastarbeiter in LU“ oder „Kernenergie in LU“ als Themen an. Und während in Südostasien der Vietnam-Krieg noch immer tobt, diskutiert man in Friesenheim mit Soldaten und Pazifisten. „Politisch nahmen wir eine ökumenische Position zwischen den Parteigruppen ein“, erinnert sich Borggrefe schmunzelnd. „Mein Kollege war im Kreisvorstand der CDU. Ich war nirgends Mitglied, aber wegen meiner roten Haare und mancher Meinung galt ich allen als ,Sozi’.“ Die BASF jedenfalls habe das Wirken der Friesenheimer sehr kritisch beäugt. „Wir erzeugten Öffentlichkeit.“

Bis zu 500 Zuhörer kamen zu den einzelnen Abenden. Von einer Kultusministerin wurden die beiden Geistlichen nach Mainz zitiert und abgewatscht, „weil wir zu politisch waren“. Der Hintergrund war der Besuch des Bundespräsidenten-Ehepaars in Ludwigshafen: Eine Präsentation, wie gut die Förderung ausländischer Kinder am Gymnasium klappt, wurde zur Protestaktion, weil die Förderung überhaupt nicht klappte. „Wir waren einfach kein bisschen leise“, so Borggrefe.

Das ist nun, 50 Jahre nach den Anfängen, in der Friesenheimer Jubiläumswoche Inhalt eines Abends: Am 18. Januar werden der 88-jährige Dr. Friedhelm Borggrefe und der 92-jährige Monsignore Erich Ramstetter über die politische Dimension der Ökumenischen Woche im St. Gallusheim (Luitpoldstraße) sprechen.

Politisch sind alle Themenabende der Woche, die ein kleines Team aus Geistlichen und engagierten Laien aus dem Stadtteil organisieren – darunter Pfarrer Dr. Udo Stenz von der Pfarrei Heilige Cäcilia. „Manchmal brauchten wir länger, bis wir Titel und Themen festgelegt hatten, dieses Mal war das sehr schnell.“ Allen in der Vorbereitungsgruppe war es ein großes Anliegen, nicht nur um die Kirchenthemen zu kreisen, sondern die „Welt drumherum“ wahrzunehmen und drängende Themen ins Gespräch zu bringen.

Etwa am Montag, 15. Januar, im Gemeindehaus Pauluskirche (Luitpoldstraße): „Wer Waffen sät, wird Flüchtlinge ernten“, so lautet das Thema des Pax-Christi-Mitglieds Christian Artner-Schedler (Konstanz). Am nächsten Abend wird im Willi-Graf-Haus (Leuschnerstraße) die neue Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck erwartet. Mit weiteren Podiumsteilnehmern geht es um die Frage „Wie viel Kirchturm braucht die Stadt?“ Und ein speziell kirchliches Thema steht am Mittwoch, 17. Januar, im Programm: „Die Kirche und das liebe Geld“. Rechtsdirektorin Jill Rohde von der Protestantischen Landeskirche sowie
Kaplan und Kirchenhistoriker Dr. Dominik Schindler nehmen in der Friedenskirche (Leuschnerstraße) Gegenwart und Historie der Kirchensteuer unter die Lupe. Am Donnerstag, 18.01.2018, diskutieren die ehemaligen Dekane Dr. Friedhelm Borggrefe und Monsignore Erich Ramstetter, die Begründer des ökumenischen Woche, im Gallusheim (Luitpoldstraße) über die Frage: „50 Jahre und kein bisschen leise? – Wie politisch waren wir in der ökumenischen Woche?“

Auftakt ist ein ökumenischer Gottesdienst am Sonntag, 14. Januar, 18 Uhr, in der Maximilian-Kolbe-Kapelle (Bexbacher Straße). Alle anderen Abendtermine beginnen jeweils um 19.30 Uhr.

Text: Hubert Mathes / „der Pilger“