Freitag, 06. Oktober 2017
„Kirche neu denken - Führung und Basis gemeinsam!“
„Wir sind es, die Kirche lebendig machen.“ Das war die zentrale Aussage von Luisa Fischer, Vorsitzende des Katholikenrats der Diözese Speyer. Fischer war Referentin beim 1. Ludwigshafener Forum, zu dem sich im Heinrich Pesch Haus gut 50 haupt- und ehrenamtlich Engagierte trafen. Nach rund zwei Jahren mit dem Konzept „Gemeindepastoral 2015“ sollte es einen Tag lang darum gehen, wo die einzelnen Pfarreien in der Umsetzung stehen, welche offenen Fragen es gibt – aber auch, wo sich Erfolge zeigen und die Menschen persönlich stolz auf Erreichtes sein können
.Luisa Fischer definierte in ihrem Impulsvortrag, was unter „Wir“ zu verstehen sei, und was der Begriff „lebendig“ bedeuten könnte. „Wir“ ,das seien alle, die sich der Kirche zugehörig fühlen, die aus einem christlichen Geist heraus handeln – und die sich dauerhaft oder auch in zeitlich und inhaltlich begrenzten Projekten engagieren.
Mut zum Engagement machte sie, indem sie aus ihrer eigenen Jugend berichtete, als ihr – schon als 13jährige – das Vertrauen und die Freiheit geschenkt wurde, in der Arbeit mit Kindern etwas auszuprobieren und zu beginnen. „Ich weiß aus dieser Geschichte, wie wichtig es ist, dass da Hauptamtliche waren, die mir etwas zugetraut haben“, betonte sei – und nannte diesen Aspekt auch bedeutsam im Konzept „Gemeindepastoral 2015“.
Fischer weiß, wie schwierig es ist, Ehrenamtliche zu gewinnen – und rät dazu, die Menschen zu fragen, was ihre Charismen und Begabungen sind, die sie gerne einbringen wollen, und wo sie sich gerne engagieren wollen. Für Dekan Alban Meißner war diese Aussage eine der vielen Früchte, die er am Ende des Tages sammelte: Nicht zu schauen, welche Aufgaben erfüllt sein sollen und dafür Helfer zu suchen, sondern den von Fischer beschriebenen umgekehrten Weg zu gehen.
Das kam auch bei den Ehrenamtlichen gut an. Allerdings gaben sie zu bedenken, dass es noch neu für sie sei, gefragt zu werden. Zu lange habe man sich an starre Vorgaben und Aufgabenstellungen halten müssen, ohne selbst etwas Neues einbringen zu können.
Den Begriff „lebendig“ umschrieb die junge Katholikenratsvorsitzende einerseits mit „mit Leben erfüllt“, zum anderen mit den Adjektiven „lebhaft und munter“. Beides wirke äußerst attraktiv, so ihre Überzeugung. Beispiele für eine Kirche, die mit Leben erfüllt ist, sind nach ihrer Einschätzung Einrichtungen wie der Lichtpunkt, caritative Angebote, andere Gottesdienstformen oder auch ein Pfarrer, der sich abends unter Kneipenbesucher mischt und dort mit ihnen ins Gespräch kommt. Lebhaft zeige sich Kirche dann, wenn die Menschen ausstrahlen: „Wir tun das gerne und es tut uns gut!“
Im Anschluss an diese Impulse waren die Teilnehmenden gefragt. In ihren Tischgruppen beschäftigten sie sich Fragen wie: Was hat sich in unserer Pfarrei in den vergangenen zwei Jahren verändert, wo sind wir lebendiger geworden? Außerdem: Was funktioniert besonders gut, und worauf können wir stolz sein?
Dabei zeigte sich, dass es durchaus „Erfolgsgeschichten“ in den Pfarreien gibt: neu entstandene Homepages, das Pastorale Konzept in der Pfarrei Hll. Petrus und Paulus, gemeinsame Firmvorbereitung oder eine Gruppe von Eltern von Firmlingen, die sich durch die Elternkatechese neu gebildet hat. In einigen Pfarreien wird das schrittweise Zusammenwachsen der Gemeinden erlebt, unter anderem getragen durch die Verbände, etwa die kfd. Hinterfragt wurde dagegen der so genannte Zählsonntag. Es dürfe nicht immer nur um die Quantität gehen, sondern um die Art der Beteiligung von Gläubigen. Auch das Thema: „Altes loslassen und Neues beginnen“ beschäftigt die Menschen, sowie die Notwendigkeit, alte Strukturen aufzubrechen oder neue Kommunikationswege zu finden nach dem Motto: „Tue Gutes und rede darüber“.
Die Rolle der Hauptamtlichen, die Frage nach Sinn und Ziel des pastoralen Konzepts oder auch die Zusammensetzung der Gemeindeausschüsse – oder wäre die Bildung von „Kompetenzteams“ sinnvoller? Solche Fragen wurden am Nachmittag an Marius Wingerter weitergeleitet, der im Bistum Speyer unter anderem für die mehr als 500 neu gebildeten Gremien zuständig ist.
Der lobte das Veranstaltungsformat und die Bereitschaft, sich einen Samstag lang mit der Zukunft der Kirche in Ludwigshafen auseinanderzusetzen. Er ging zunächst auf den Begriff „Pfarrei in Gemeinden“ ein und betonte: „Die Pfarrei besteht aus mehreren Gemeinden und ist dabei aber mehr als die Summe ihrer Teile“. Dass die Gemeinden weiterbestehen, betrachtet Wingerter als eine große Chance für die Vielfalt; besonders angesichts der Möglichkeit, dass Gemeinde nicht nur territorial gesehen werde, sondern auch inhaltlich mit einem bestimmten Schwerpunkt. Jede Gemeinde dürfe und solle ihr eigenes Profil entwickeln, sie müsse nicht alles anbieten, sondern sich Schwerpunkte setzen – und so entstehe ein Miteinander, Füreinander und eine Dynamik, die der Konkurrenz zwischen den Gemeinden ein Ende setze. „Die Gemeinde lebt vom Engagement der getauften Christen“, betonte Wingerter, sie dürfe sich entwickeln, wachsen, aber auch aufhören.
Am Ende des Tages war nicht nur Karl Kunzmann, Mitglied im Vorstand des Dekanatsrats und Vorsitzender des Pfarreirats Hl. Katharina von Siena, begeistert von den ernsthaften Diskussionen und der „hohen Qualität der Ergebnisse“. Haupt- und Ehrenamtliche hätten „auf Augenhöhe“ diskutiert. In der Zusammenfassung äußerten viele den Wunsch nach einer Fortsetzung des Forums. Es wird sie geben, über den Rhythmus muss noch diskutiert werden.
Einen ganz persönlichen Aspekt gab Dekan Alban Meißner den Teilnehmenden mit: Jeder für sich habe einen Blick auf sich und sein Engagement werfen können und die Frage: „Was macht mich aus, was will ich selbst machen?“ Und das Hauptergebnis bliebe: „Kirche neu denken müssen Führung und Basis gemeinsam!“
Foto ©: Horst Heib