Donnerstag, 16. Februar 2017
Anhörungstrainings für Geflüchtete im HPH
„Ich habe mich vom muslimischen Glauben abgewandt.“ Wenn Rechtsanwalt Hans-Otto Morgenthaler so einen Satz von einem Geflüchteten hört, „dann würde ich nachfragen: warum hast du diesen Schritt getan, was für Folgen hat das für dich?“ Das Problem ist jedoch, dass ein Entscheider im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hier vielleicht nicht nachfragen würde. Und der Asylbewerber würde aus Scheu, Angst, Scham oder Unkenntnis das Thema nicht von sich aus weiter vertiefen.
„Aus meiner beruflichen Erfahrung heraus weiß ich, dass viele Asylanträge abgelehnt werden, weil der Vortrag nicht glaubhaft erschien oder die Aussagen zu flach und unpräzise geblieben sind“, sagt Morgenthaler. Aus diesem Grund hat er gemeinsam mit Matthias Rugel SJ ein Anhörungstraining im Heinrich Pesch Haus für Geflüchtete gestartet. Zweimal hat es bereits stattgefunden, und künftig soll es ungefähr14tägig angeboten werden.
Das BAMF ist zuständig für Asylverfahren in Deutschland - für die Anhörung und den Bescheid, ob den Bewerbern letztlich Schutz gewährt oder der Antrag abgelehnt wird, sind die Entscheider und Entscheiderinnen beim Bundesamt zuständig. Zurzeit werden viele Afghanen angehört, daher will Morgenthaler vor allem diese Menschen in nächster Zeit verstärkt vorbereiten. In „Echtzeit“ wird ein Interview mit einem geflüchteten Menschen durchgespielt – mit Morgenthaler als Entscheider, mit einem Dolmetscher und einem Antragsteller, der ganzpersönlich seine Geschichte erzählt – und den anderen Teilnehmern der Abendveranstaltung, die genau zuhören. Denn nach dem Interview wird es ganz ausführlich besprochen.
„Die Menschen müssen diese Situation einmal erlebt haben“, so Morgenthalers Überzeugung. „Wir müssen ihnen auch die Angst davor nehmen und ihnen zeigen, dass sie hier ein rechtstaatliches Verfahren erhalten, in dem die Entscheider anständig mit ihnen umgehen und sie keine Repressalien zu befürchten haben.“ Sie müssten aber auch lernen zu unterscheiden, welche Angaben wichtig sind bei der Anhörung, und welche nicht. Dafür gibt es einen Fragenkatalog mit 42 Fragen, die gestellt werden können, „und dabei geht es nicht darum, ob die Antragsteller nette Menschen sind, ob sie gut integriert sind oder Deutsch können. Es wird einzig und allein nach den Fluchtursachen gefragt“, betont er immer wieder.
Morgenthalers Engagement begrenzt sich nicht auf diese vorbereitenden Trainings. Auch die ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit Engagierten schult er. So fand bereits im Januar ein spannender Informationsabend statt, bei dem der Rechtsanwalt grundlegende Begriffe wie Asyl, Genfer Flüchtlingskonvention, Subsidiärer Schutz oder Abschiebeschutz erläuterte.
Für diese Zielgruppe plant er bereits eine Folgeveranstaltung: Was tun wir, wenn die Menschen gehen müssen? „Mir fällt es auch schwer, jemandem sagen zu müssen: Du hast keine Chance“, erzählt der Rechtsanwalt. Aber trotz allen Mitleids gibt es Menschen, die kein Anrecht auf Asyl haben – Wirtschaftsflüchtlinge etwa. Bei allem Verständnis für deren Situation müssen sich auch Ehrenamtliche die Frage stellen, wieviel Zeit und Geld in deren Integration investiert werden soll – und ob es nicht besser wäre, diese Anstrengung in eine gute Vorbereitung für die Rückkehr zu lenken. Wichtige Fragen der geplanten Veranstaltung wären dann: Welche Rückkehrmöglichkeiten bestehen, welche Alternativen gibt es außerhalb des Asylrechts, und wie gehe ich als Ehrenamtlicher psychisch mit dieser Situation um? – Der Termin dafür wird noch bekannt gegeben.
Weitere Informationen bei Matthias Rugel SJ, rugel@hph.kirche.org oder Telefon 0621-5999-365.