Donnerstag, 25. Januar 2018

Rückblick ökumenische Woche: „Suchet der Stadt Bestes“

„Kirche – Macht – Politik“, diese Begriffe standen in diesem Jahr über der ökumenischen Woche in Friesenheim, der 50. ihrer Art. Eröffnet wurde sie mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Maximilian-Kolbe-Kapelle mit Pfarrer Dr. Udo Stenz und Pfarrer Johannes Gerhardt. An mehreren Abenden wurde anschließend das Thema im Hinblick auf verschiedene Aspekte beleuchtet.

Wer sich politisch klar positioniert, kann mit Gegenwind rechnen. So war es bereits beim ersten Vortragsabend: Im Gemeindehaus der Paulusgemeindeging es um das Thema „Wer Waffen sät, wird Flüchtlinge ernten“. Die Rolle der Rüstungsindustrie für die Wirtschaft, aber auch die gesellschaftliche Dimension der Flüchtlingskrise ist nicht unumstritten.

Christian Artner-Schedler, Theologe bei der katholischen Friedensbewegung Pax Christi, versuchte mit vielen Fakten darzulegen, wo der Zusammenhang zwischen deutschen Waffenexporten und den Flüchtlingsströmen Richtung Europa besteht: Eine verhältnismäßig große Menge Waffen wird von Deutschland aus in Staaten mit autoritären, diktatorischen oder gar terroristischen Herrschaftssystemen geliefert. Zugleich sind solche Staaten unter den Haupt-Herkunftsländern von Flüchtlingen: etwa Syrien, Afghanistan und Somalia.

Von den rund 100 Zuhörern des Abends stellte niemand die Fragwürdigkeit von Waffengeschäften mit solchen unsicheren Ländern in Frage. Darüber, wer für solche Geschäfte verantwortlich zu machen ist, herrschte jedoch keine klare Einigkeit in der anschließenden Diskussion.

„Wieviel Kirchturm braucht die Stadt?“ – Zu dieser Frage war Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck eingeladen. Schon im ersten Satz ihres Vortrages bekannte sie, dass die Kirche als wertvoller Partner für die Stadt unverzichtbar für ein funktionierendes Gemeinwesen sei. Schon in der Bibel finde man bei Jeremias einen Hinweis dazu: „Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum Herrn; denn wenn's ihr wohl geht, so geht's euch auch wohl.“ Das heiße sich nicht zurückzuziehen und abzuwarten, sondern sich einzusetzen und das Machbare zu tun.

Alle in der Stadt seien dazu aufgerufen. Die Kirche als ein Partner der Stadt könne Brückenbauer sein. Sie sei nahe bei den Menschen aus allen Milieus und könne Sprachrohr für alle sein, „die sich sonst vielleicht nicht trauen“, betonte Steinruck. Die Kommunen seien auf die Unterstützung der Kirchen dringend angewiesen - ob bei der Kinderbetreuung, in der ambulanten oder stationären Pflege oder der Sozialberatung, in kaum einem Bereich des gesellschaftlichen Zusammenlebens gehe es ohne die Kirchen.

An der Lastenverteilung zwischen Stadt und Kirche werde sich zurzeit nichts ändern können. Der finanzielle Spielraum lasse dies derzeit nicht zu, so Steinruck. Wichtig sei ihr die Wertschätzung des (ehrenamtlichen) Engagements, sagte sie mit Blick – unter anderem  - auf die vielen ehrenamtlichen Helfer während und nach der Flüchtlingskrise 2015.

Dabei dürfe aber nicht vergessen werden, dass neben den Flüchtlingen eine Vielzahl von Menschen in der Stadt Unterstützung benötigen, etwa in den Sozialen Brennpunkten. Auch hier sei die Stadt mit ihren Sozialpartnern gefordert, so die Oberbürgermeisterin. Sie blicke jedoch zuversichtlich und dankbar in die Zukunft, da sich die Kirche mit ihrer Kompetenz immer für ein gutes soziales Miteinander in unserer Stadt einbringe.

Ökumene muss weiter gehen – dieses Fazit zogen nicht nur die beiden Initiatoren der Ökumenischen Woche am letzten Abend. Der damalige protestantische Pfarrer der Friedenskirche, Dr. Friedhelm Borggrefe und der katholische Pfarrer der St. Josefskirche, Msgr. Erich Ramstetter, beide später Stadtdekane von Ludwigshafen, sind Zeitzeugen der vergangenen Jahre in Ludwigshafen. Sie erinnerten an wichtige Aktionen für die Menschen der Stadt in der damaligen Zeit, beispielsweise als die ersten Gastarbeiter nach Ludwigshafen kamen, den Bau des Willi-Graf-Haus als kirchliche Jugendfreizeitstätte oder die Ökumenischen Sozialstationen.

Durch die Themen der Ökumenischen Woche und die Präsenz in städtischen Gremien konnte seitens der Kirche für die Menschen in der Stadt vieles erreicht werden. Manchmal leise aber auch laut, wie die beiden Altdekane berichteten.

Die Ökumenische Woche habe in den 50 Jahren ihres Bestehens viel Gutes gebracht. Die Verantwortlichen der Friesenheimer Kirchengemeinden haben sich durch die gemeinsame Vorbereitung und der Nachbesprechung besser kennengelernt und Vertrauen aufgebaut. Es wurden gemeinsam pastorale Lösungen für soziale Probleme im Stadtteil gesucht und umgesetzt. Auch die Kirchengemeinden seien sich bei gemeinsamen Gottesdiensten, Bibelabenden und Gemeindefesten näher gekommen. Dieser gemeinsame Weg in der Ökumene müsse weiter gehen, mit neuen Formen der Begegnung untereinander und mit allen Menschen in der Stadt, so das Fazit des Abends.

Text, Foto ©: Gerd Hilbert