Mittwoch, 06. September 2017

Bibel-Teilen als zusätzliches liturgisches Angebot

Die Wort-Gottes-Feier mit Bibel-Teilen hat inzwischen zweimal in der Pfarrei Hl. Katharina von Siena stattgefunden. Sie ist ein konkretes Ergebnis aus der Kundschafterreise des Bistums nach Nicaragua, an der Bärbel Guajardo Toro und Stefan Angert teilgenommen haben. Noch dreimal wird diese besondere liturgische Form in diesem Jahr angeboten. Stefan Angert erzählt über Hintergründe und Ablauf.

Warum wollten Sie Bibel-Teilen aus Nicaragua in Ihrer Pfarrei einführen?

In Nicaragua haben wir die Wort-Gottes-Feier am Sonntag erleben können ganz im Geiste des II. Vatikanischen Konzils. Dort wird die Liturgie beschrieben als „Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt“. Auf unserer Reise haben wir das Bibel-Teilen als Bereicherung und als Anregung erlebt, um sich ausgehend vom Bibeltext auszutauschen und ins Gespräch zu kommen. Dazu braucht es keine Bibelspezialisten, vielmehr soll die Botschaft des Bibeltextes in den Mittelpunkt gestellt werden und ins Heute übertragen werden.

Auch das Konzil hat eigene Wortgottesdienste  empfohlen. Stärker als innerhalb der Messfeier kann bei solchen Wort-Gottes-Feiern den Schriftlesungen und ihrer Auslegung Raum gegeben werden. Auch in unserem Bistum ist sie als eigenständige Liturgieform gewünscht und in den Standards von „Gemeindepastoral 2015“ festgeschrieben.

Ich habe 2015 die Ausbildung zum Gottesdienstleiter absolviert. Es war und ist uns wichtig in unserer Pfarrei, die Wort-Gottes-Feier als zusätzliches liturgisches Angebot zu etablieren und nicht als vermeintlich „schlechten Ersatz" für eine Eucharistiefeier.

Wer gestaltet die Abende, und wie laufen sie ab?

Der Ablauf der Wort-Gottes-Feier richtet sich klassisch nach dem beschriebenen Ablaufschema im Gotteslob. Nach dem Evangelium folgt dann das Bibel-Teilen. Bei der Auswahl der Texte orientieren wir uns an der Leseordnung. Das Bibelteilen läuft in folgenden Schritten ab:

Zweites Lesen: Der Bibeltext wird zum zweiten Mal gelesen.
Verweilen: Wir sprechen jetzt Worte oder kurze Satzteile, die uns berührt haben, dreimal wie im Gebet aus. Zwischen den Wiederholungen lassen wir eine kurze Stille.
Stille: Wir halten einige Minuten Stille und versuchen zu hören, was Gott uns sagen will.
Teilen: Welches Wort hat mich angesprochen? Wir teilen einander mit, was uns im Herzen berührt hat.
Handeln: Wozu fordert uns der Text auf, wie kann das Gehörte unser Leben verändern? Wir tauschen uns darüber aus, was wir in unserem Umfeld wahrnehmen. Welche Aufgabe fordert uns heraus? Was wollen wir konkret angehen?
Beten: Wir beten miteinander. Wer möchte, kann jetzt ein freies Gebet sprechen.

Nach der Wort-Gottes-Feier laden wir alle Teilnehmer ein, zum Verweilen bei selbstgebackenem Brot und Wein und Wasser  ins Gespräch zu kommen und sich weiter auszutauschen. Das haben wir der Spätmesse am Sonntag in St. Ludwig "abgeschaut", wo das auch gängige und gute Praxis ist.

Beim Bibelteilen geht es ja auch um eine "konkrete Verheutigung" des Evangeliums. Wie gelingt das?

Ja, in der Tat ist die "Konkretisierung" und "Verheutigung" ein zentraler Punkt im Bibel-Teilen. Dazu gibt es immer gute Gedanken und Beiträge, bei denen deutlich wird, wie aktuell ein Bibeltext auch heute sein kann und wie unterschiedlich wir davon angesprochen werden. Allerdings sehen wir - neidvoll, anerkennend und staunend positiv  - die große Bedeutung des letzten Schritts des Bibel-Teilens, nämlich das Handeln, in Nicaragua. Dort sprechen die Menschen offen und ernsthaft aus, was das für sie ganz konkret bedeutet und wie sie einen kleinen Schritt in der nächsten Woche in ihrem Umfeld umsetzen möchten. Also ganz konkret, eine Handlung, eine Aufgabe, die jeder für sich ableitet und umsetzen möchte basierend auf dem Bibeltext. Das ist und bleibt eine Herausforderung für uns hier, der wir uns stellen müssen, wenn wir nicht in Allgemeinplätzen verharren.

Wie war bisher die Resonanz, und wie geht es weiter?

Für uns war die Frage nach der Teilnehmerzahl von geringer Bedeutung und so hatten wir auch keine hochgesteckten Erwartungen - zumal zumindest das Format Bibel-Teilen nach oben gewisse Begrenzungen hat. Trotzdem sind wir stolz, dass wir bei den beiden ersten Terminen jeweils rund 20 Personen waren. Besonders erfreulich finde ich die gemischte Altersstruktur der Teilnehmer, die das ganze Pfarrei-Spektrum abbildet. Das macht uns Hoffnung und zeigt auch offensichtlich eine Sehnsucht nach einem solchen Format gibt.

In diesem Jahr bieten wir die Wort-Gottes-Feier mit Bibel-Teilen noch dreimal an: am 01.10., 05.11. und am 03.12., jeweils um 18 Uhr in St. Bonifaz.

Das Gespräch führte Hubert Mathes von der Kirchenzeitung „der Pilger“.

Foto ©: Bernhard Mattern