Donnerstag, 14. Juli 2016

Islamische Seelsorgerinnen im „Guten Hirten“

„Die Patienten wollen betreut werden.“ Das ist eine Erkenntnis, die Vesile Soylu und Fatima Aksit aus ihrer Arbeit ziehen: Sie sind ehrenamtliche Seelsorgerinnen in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Krankenhaus Zum Guten Hirten.

Eine Besonderheit: Sie sind Muslima. Manch einem drängt sich die Frage auf: Passt das in ein katholisches Krankenhaus? „Wir fühlen uns sowas von wohl hier“, betonen beide, „und mit den Ordensschwestern verstehen wir uns wunderbar!“ Die beiden Frauen entdecken im Gespräch mit den Ordensschwestern sehr viele Gemeinsamkeiten: „Wir haben alle einen tiefen Glauben an den einen Gott, religiöse Erziehung ist uns wichtig und auch die Überzeugung, wie man Menschen gegenübertreten sollte“, nennen sie als Beispiele.

Vesile Soylu ist viel ehrenamtlich unterwegs: Die vierfache Mutter geht als Seelsorgerin in eine Altenheim, absolviert derzeit eine Ausbildung zur Gefängnisseelsorgerin, hat alle sechs Wochen Bereitschaft in der Notfallseelsorge; ihre Schwägerin Fatima Aksit ist in Teilzeit berufstätig, hat fünf erwachsene Kinder. Abwechselnd kommen die beiden Frauen jede Woche einmal vormittags oder nachmittags in den Guten Hirten. Ausgebildet wurden sie am Mannheimer Institut für Integration und interreligiösen Dialog e.V. Dort haben sie Chefarzt Dr. Jörg Breitmaier kennengelernt und sofort gespürt: „Psychiatrie ist ein interessanter Bereich.“

Beide können von vielen Patienten berichten, die sie einmal oder über einen langen Zeitraum besucht haben. Und sie spüren, dass der Bedarf an solchen Besuchen steigt. „Wir wollen nicht missionieren“, betonen sie. Der Glaube spielt in den Gesprächen oft keine Rolle – wichtiger ist vielmehr, dass sie die Kultur und die Sprache vieler Patienten besser verstehen. „Wir tun damit auch etwas für die Integration, da sich die Patienten dadurch heimischer fühlen“, finden sie.

Aus eigener Erfahrung wissen sie, wie es sich anfühlt, wenn man jemandem sein Herz ausschütten möchte – vielleicht bewusst jemandem, der nicht zur Familie gehört. Das Lächeln in den Augen der Patienten oder deren Angehörigen, die Dankbarkeit und der Satz: „Es ist schön, dich zu haben“, sind für sie eine große Bestätigung. Und dann kommt ihr Glaube doch hervor: „Im Islam ist es Gebot und zugleich Gottesdienst, Mitmenschen zu besuchen; es ist wie eine innere Verpflichtung“, erklärt Vesile Soylu. Mit ihrer Tätigkeit, die sie „leidenschaftlich“ macht, möchte sie auch ihre Dankbarkeit zeigen dafür, „dass ich gesund bin und klar denken kann.“

Dieser Geist, der für sie entscheidend ist, sei auch im Guten Hirten zu spüren, betonen sie: „Es ist familiär hier, die Menschen nehmen sich Zeit füreinander und sind geduldig.“ Islam und Christentum finden hier sehr gut zueinander, meint Fatima Aksit: „Im Vordergrund ist der Mensch, nur die Häuser, in denen er lebt, sind unterschiedlich.“