Donnerstag, 07. Mai 2015
Gottesdienst am 1. Mai: Gemeinsam in der Pflicht
Mit einem ökumenischen Gottesdienst wurde die diesjährige Mai-Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB unter dem Leitthema „Die Arbeit der Zukunft gestalten wir!“ in der Konzertmuschel im Ebertpark eröffnet.
Es ist nun mehr als 20 Jahre her, dass evangelische und katholische Arbeitnehmer (EAN und KAB) gemeinsam mit dem DGB diesen ökumenischen Gottesdienst in Ludwigshafen feiern, erinnert sich Michael Kercher, der frühere KAB-Sekretär für Ludwigshafen. Zur Selbstverständlichkeit ist es geworden, dass der katholische Stadtdekan Alban Meißner und die protestantische Stadtdekanin Barbara Kohlstruck die Feier leiten und gemeinsam mit den gewerkschaftlich verbundenen Christen ihre Solidarität mit den Anliegen der arbeitenden Menschen bekunden.
Bei der zweigeteilten Predigt betonte die Dekanin, dass wir als Christen ebenso wie Jesus im Evangelium, Versuchungen unserer Gesellschaft widerstehen müssten. Eine dieser gesellschaftlichen Versuchungen bestehe darin, den Gedanken der Gerechtigkeit aufzugeben oder als „Spleen der Gutmenschen“ abzutun. Das gelte besonders für eine gerechte Entlohnung, wo heute immer noch Unterschiede bestehen oder die Arbeitsleistung unterschiedlich bewertet werde, zum Beispiel bei Erzieherinnen und Erziehern, so Kohlstruck. Gerechtigkeit sei eine gemeinschaftliche, eine gesellschaftliche Aufgabe, die auf der Würde jedes einzelnen Menschen basiere. Und Gerechtigkeit sei heute auch zu einer globalen Aufgabe geworden, denn sie gelte allen Menschen in der Welt.
Die Arbeit gehöre zum Menschen dazu, begann Stadtdekan Alban Meißner seinen Teil der Predigt; sie sei eines der Kennzeichen, wodurch wir uns von anderen Geschöpfen unterscheiden. Es sei also eine immens wichtige Aufgabe, sich über die Zukunft der Arbeit Gedanken zu machen. Denn es habe sich sowohl in der Erwerbsarbeit als auch in allen anderen Bereichen der menschlichen Beschäftigung viel verändert, und es werde sich noch viel verändern. Die Arbeit müsse heute auch mehr denn je global betrachtet werden; und es dürfe uns nicht kaltlassen, wenn vor allem in den südlichen Ländern Europas die Arbeitsplätze fehlen.
In Zeiten der immer stärker mechanisierten Arbeit, bei der Maschinen dem Menschen die körperliche Arbeit erleichtern, müsse gewährleistet bleiben, dass der Mensch das eigentliche Subjekt der Arbeit sei, führte Meißner weiter aus. Arbeit sei auch der Schlüssel für die Lösung der sozialen Frage. „Es ist in unserem Sozialstaat nicht alles in Ordnung. Aber wer hier Ordnung schaffen will, der muss zuerst bei der Arbeit ansetzen. Erst dann, wenn die Menschen durch ihre Arbeit Anerkennung und Bestätigung finden, dann werden sie auch ihre Würde entdecken können, die sie vor Gott als Menschen haben“, so der katholische Stadtdekan.
Er führte aus, dass das Leitthema des 1. Mai 2015 „Die Arbeit der Zukunft gestalten wir“ im Einklang mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil stehe: „Eins steht für die Glaubenden fest – das persönliche und gemeinsame menschliche Schaffen, dieses gewaltige Bemühen der Menschen im Ablauf der Jahrhunderte, ihre Lebensbedingungen auf einen stets besseren Stand zu bringen, entspricht an und für sich der Absicht Gottes.“ Sowohl Kirche als auch Gewerkschaften trügen Verantwortung vor der Welt, und vor Gott. Für die Zukunft der Arbeit müsse alles getan werden, dass Gerechtigkeit und Würde des Menschen keine Worthülsen bleiben.
Text und Foto ©: Gerd Hilbert